
„Du hast Borderline?! Das ist so typisch. Bipolare Frauen und Borderlinerinnen ziehen mich quasi magisch an haha.“
„Borderlinerinnen sind anziehend und aufregend. Sie interessieren mich einfach mehr als andere Frauen. Sie sind nicht so langweilig.“
„Ich geb’s ja nicht gern zu, aber Frauen, die verrückt sind, finde ich einfach heiß. Borderline ist da perfekt. Im Bett geht es meistens zur Sache.“
Sätze wie diese, oder in ähnlicher Form mit gleicher Kernaussage, habe ich in den letzten Jahren nicht nur einmal von Bekannten und auch Fremden gehört. Ich höre sie immer wieder, ungeachtet dessen ob Menschen von meiner Persönlichkeitsstörung wissen, oder nicht. Besonders häufig höre ich diese Aussagen jedoch von Männern, die mich und mein Leben über Kanäle wie Twitter und Instagram verfolgen und sich in meine Direktnachrichten verirren. In den Nachrichten, die ich bekomme, wird meine Persönlichkeitsstörung ohne Scham sexualisiert und fetischisiert und ich habe mich gefragt, seit wann das okay ist.
Denn ungefähr im Alter von 16 Jahren wurde ich mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) diagnostiziert und jetzt, knapp 7 Jahren später, habe ich nach wie vor damit zu kämpfen.
In diesem Blogeintrag verarbeite ich meine eigenen Erfahrungen hinsichtlich der Sexualisierung von Borderline und anderen psychiatrischen Störungen. Da ich selbst betroffen bin, werde ich mich auf die Borderline-Persönlichkeitsstörung konzentrieren.
Schau ich mir die allgemeine Symptomatik von Borderline und meine eigenen Symptome an, frage ich mich, was genau an der Störung für manche Personen so anziehend wirkt, denn ich tue mit meiner Krankheit genau das was man mit einer Krankheit nun einmal tut, ich leide. Eventuell gelten psychiatrische Störungen ja für viele Menschen immer noch als exotisch, ausgefallen, exzentrisch und aufregend, da sie anders als somatische Erkrankungen nach wie vor so gut wie totgeschwiegen werden. Vielleicht werden wir aber auch einfach als Herausforderung gesehen oder man verbindet mit ‚crazy girls‘ auch unkonventionellen und ‚crazy‘ Sex.
Möglich ist allerdings auch, dass Personen, die ebenfalls unter psychischen Problemen leiden, sich zu anderen Betroffenen hingezogen und bei ihnen verstanden fühlen. (Was jedoch in den meisten Fällen drastisch nach hinten losgehen und den Zustand beider Personen verschlechtern kann).

Es gibt sicherlich viele unterschiedliche Gründe für diese Form der Faszination und Attraktion, wirklich gefährlich jedoch wird es, wenn sich Personen die Symptomatik von Borderline in Beziehungen aktiv zu Nutze machen. Wenn sie verstehen, wie heftig und bedingungslos wir lieben, wie groß die Angst vor dem Verlassenwerden für uns ist, wie abhängig wir von einer Person werden können und wie wir fast oder auch alles dafür tun würden, um nicht verlassen zu werden. Das nährt manipulative Persönlichkeiten und verschlimmert die Symptomatik von Betroffenen erheblich. Diese Menschen fetischisieren eine missbräuchliche Abhängigkeitsbeziehung, in der es nicht darum geht dem Partner auf Augenhöhe zu begegnen, sondern aufgrund seiner psychischen Disposition auszunutzen. In diesem Fall wird sich nicht für unsere psychische Verfassung interessiert. Von Interesse ist nur die Macht, die man über uns ausüben und für eigene Zwecke nutzen kann. In dieser Form der Beziehung geht es um bewusste Ausbeutung und um Missbrauch.
Ich selbst habe mich ebenfalls in der Vergangenheit durch eben so eine Person emotional, körperlich und sexuell ausbeuten lassen, da meine Störung mir weismachte, ich könne ohne die Aufmerksamkeit dieser Person nicht weiterleben und dass die folgenschweren Dinge, die ich mit mir machen ließ, nötig wären, um nicht alleine gelassen zu werden. Bekomme ich nun die Nachricht „Borderlinerinnen ziehen mich einfach an.“, schrillen bei mir mittlerweile alle Alarmglocken.

Nun kann ich nicht mit absoluter Sicherheit beantworten, was vor allem Männer zu den am Anfang des Texts aufgeführten Aussagen verleitet, ich kann allerdings aus meiner Sicht versuchen zu erklären, warum diese Krankheit eben nicht sexy und heiß ist.
Falls jemand von euch sich seltsamerweise nicht mit Cluster B-Persönlichkeitsstörungen des DSM auskennt, hier die Erklärung zu Borderline:
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung wird im Kern durch hohe Impulsivität und Instabilität von Emotionen und der Stimmung, der Identität sowie zwischenmenschlichen Beziehungen charakterisiert. Für Borderliner/-innen existieren nur Extreme, alles ist schwarz oder weiß, großartig oder desaströs. Das Leben mit dieser emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung ist eine einzige endlose Achterbahnfahrt. Man sitzt angeschnallt da, fährt auf und ab und auf und ab und kann nichts dagegen tun. Man kann die Fahrt nicht steuern.
Ich persönlich machte in meiner ‚Karriere‘ als Borderlinerin ständig Erfahrungen mit irrationalen Wutausbrüchen, paranoiden Wahnvorstellungen und Selbstmorddrohungen sowie einem immer wiederkehrendem Gefühl von innerer Leere. Vor allem in zwischenmenschlichen Beziehungen beherrschen die absolute Panik vor dem Verlassenwerden und widersprüchlich dazu, die große Angst vor emotionaler Nähe, mein Handeln. Im Umgang mit anderen Personen bin ich oft sehr unsicher. Es fällt mir nicht leicht einzuschätzen, wie ich auf andere Menschen und meine Umgebung wirken.
Wie viele andere Borderliner/-innen leide ich an einem geringem Selbstwertgefühl, das Selbstbild bröckelt und der Wechsel zwischen Selbstliebe und Selbsthass erfolgt spontan. Denn auch intrapersonell kämpfe ich mit der Konstruktion einer gefestigten Persönlichkeit und Identität, die mir die Impulsivität und Emotionalität der Störung immer wieder einreißt. Ich weiß nicht wer oder wie ich wirklich bin, ändere mein Verhalten und meine Denkweise täglich und verliere mich in meinem eigenen Gefühlschaos.
Borderline-Patient/-innen sind gezwungen sich ihren immensen Gefühls- und Stimmungsschwankungen hinzugeben und leiden aufgrund dessen unter heftigen Anspannungszuständen, die als unerträglich und extrem qualvoll wahrgenommen werden können. Sie verleiten uns dazu Dinge zu tun, die unserem Körper, unserer Psyche und unserem Lebensweg schaden, um die innere Spannung abzubauen.
Für einen Partner oder eine Partnerin, die es ernst mit uns meint und uns wirklich liebt, kann das Zusammenleben mit Betroffenen ein schwer zu ertragender Zustand sein. In den schwersten Zeiten müssen unsere Partner/-innen plötzliche Wutausbrüche, Stimmungsschwankungen, abrupte Zurückweisungen und sogar Selbstmorddrohungen auffangen und aushalten, denn wir suchen außergewöhnlich engen und intensiven Kontakt und werden bereits durch Kleinigkeiten zutiefst verletzt und gekränkt. Borderliner/-innen idealisieren ihre Partner/-innen anfangs, stellen einen Alleinanspruch auf ihre Liebsten und reagieren mit Eifersucht und Aggression, wenn dieser Anspruch nicht erfüllt wird. Es kommt zu irrationalem Misstrauen gegenüber unseren Partner/-innen und Freunden und die Idealisierung von damals wechselt in Verachtung über.
Für diese Menschen ist das nicht anziehend oder aufregend. Es ist ermüdend und kaum haltbar. Viele Beziehungen und Freundschaften halten diese Belastung nicht aus.

Für Personen, die psychische Krankheiten sexualisieren und uns Borderliner/-innen ‚geil‘ finden, ist eine Affäre mit einer erkrankten Person ein kurzzeitiges Abtauchen in eine aufregend berauschende, emotionale Welt. Für Betroffene jedoch, ist es ein Tiefgang ohne Auftrieb. Unser Kopf wird immer schwerer und wir sinken tiefer und tiefer. Wir können nicht Schlussmachen, wenn es zu anstrengend wird und nicht mehr ’sexy‘ ist. Wir können unseren Kopf nicht einfach abwerfen und zurücklassen.
Die Störung zu sexualisieren ist respektlos gegenüber allen Betroffenen und ihren Angehörigen, denen langsam die Kraft ausgeht.
Versteht mich nun bitte nicht falsch, denn ich werde wirklich gerne als sexy und attraktiv bezeichnet, allerdings abseits von der Krankheit, von der ich jeden Tag versuche mich zu distanzieren. Borderline legt mir immer wieder Steine in den Weg und lässt mich aus Impulsivität Dinge tun, die ich eigentlich gar nicht möchte. Ich verbringe beinahe jeden Tag mit dem Versuch, zu identifizieren was zu meiner wirklichen Persönlichkeit und was zu meiner Störung gehört, sofern das überhaupt möglich ist. Nennt man mich aufgrund meiner Krankheit sexy, nimmt man mir wieder ein Stück ‚Ich‘ weg, das ich mir mühsam erarbeiten muss. Ich versuche jeden Tag meine Identität und Persönlichkeit aufs Neue zu festigen, ich gebe mein Bestes nicht aus einer Gefühlslage oder Impulsivität heraus zu agieren, sondern festzulegen, was für mich selbst und mein Leben am besten ist.
Es ist ein konstanter Kampf gegen meinen eigenen Kopf. Fetischisierung der Persönlichkeitsstörung diskreditiert diesen Kampf und nimmt mir den Wind aus den Segeln. Borderline ist nicht schön, weder von innen noch von außen, weder für mich selbst noch für Außenstehende. Borderline darf einfach nicht sexualisiert werden, denn Borderline ist nicht sexy. Unser Leid muss ernst genommen werden.
Ich hoffe, dass ein paar jener Männer aus meinen Direktnachrichten, sich, wenn sie auf diesen Blogeintrag stoßen, in den oberen Aussagen wiedererkennen und idealerweise für sich reflektieren, warum sie diese Aussagen überhaupt trafen.
Oha das ist einfach nur krank und tut mega weh sowas zu lesen. Nicht alle Männer aber viele sind solche Schweine die in einem halt als Objekt sehen und das geht gar nicht. Ich finde es sehr mutig von dir sowas persönliches zu schreiben und wünsche dir alles gute.
LikeLike
Vielen Dank für diesen Einblick in den Kopf einer Borderlinerin. Ich selbst hatte mal eine freundschaftlich-sexuelle Beziehung zu einer. Ich wurde während dieser recht kurzen Zeit (5 Monate) zweimal mir scheinbar grundlos zurückgewiesen und ignoriert. Beim ersten Mal meldete sie sich nach 2 – 3 Wochen wieder. Beim zweiten Mal war es endgültig. Verstanden habe ich es damals nicht, nun kann ich mir vorstellen, dass sich in ihrer Wahrnehmung mir gegenüber irgendwas geändert haben muss. Sie hat es mir leider auch nie erklärt. Ich fand es damals sehr schade, da ich sie sehr mochte.
LikeLike
Ein guter und hilfreicher Beitrag, besonnen und sachlich. Ein sehr komplexes und schwieriges Thema. Ob die Fotos hilfreich sind? Ich weiß nicht, warum du sie so einsetzt. Du sendest damit Signale, die du ja gerade nicht senden willst.
LikeLike
Quod erat demonstrandum.
Wenn du das symbolische Bild des seine Seele blank legen, wie hier geschehen, und mit den geschriebenen ICD Kategorien, als „Signale senden“ interpretierst, und allen ernstes als Vorwurf sexualisierst und davon abrätst, oder es zumindest in Frage stellst, belegt das nur, dass du nicht nur Teil des genannten, sondern auch eines übergeordneten, noch größeren Problems bist.
Allerdings ist das weder bei ihr, noch den Bildern zu suchen.
LikeGefällt 1 Person
Du warst nicht gemeint
LikeLike
Sie sendet damit gar keine Signale, du empfängst einfach den arschloch Sender
LikeGefällt 1 Person
Man kann nicht nicht kommunizieren. Natürlich senden Fotos Signale.
LikeLike
Wenn du dich so gut mit Kommunikation und Zitaten von Watzlawick auskennst, dann solltest du auch das Vier Ohren bzw. Seitenmodell von Thun kennen. Die Intention des Senders ist nicht immer die, die der Empfänger daraus chiffriert. Umgekehrt gilt das selbe.
LikeGefällt 1 Person
Ob deine übergriffige Meinung da jetzt gerade gefragt war?-ich weiß nicht
LikeLike
Ich weiß, dass du nicht gemeint bist. Warum mischt du dich also ein? Dein Kommentar ist ziemlich unsachlich und respektlos. Denk mal darüber nach.
LikeLike
Ich finde es sehr mutig einen solchen Text zu verfassen. Ich weiß nicht wie man sich mit solchen Aussagen fühlt, ich weiß nicht ob sich etwas ämdert eine diagnostizierte Krankheit zu haben. Es erschreckt und verwirrt mich etwas das Gefühl zu haben, mich selbst in diesem Verhalten immer wieder zu erkennen. Ein Gefühl als würden dein Geist sich selbst auffressen und du kannst nicht erkennen ob du der bist der frisst oder der der gefressen wird. Aber es fühlt sich an wie beides
LikeGefällt 1 Person
Ich hoffe, dass du deine bei twitter und instagram veröffentlichen Sachen durchliest und idealerweise für dich reflektierst, warum viele Nachrichten von Männern, überhaupt nichts mit deiner Erkrankung zu tun haben, sondern weil du dich als Objekt anbiederst.
LikeGefällt 1 Person
Ich hoffe das du erkennst, dass das Problem bei den Männern liegt.
Und nicht weil irgendjemand Witze im Internet macht, erst recht auf Twitter und Instagram, nicht auf Onlyfans oder Pornhub.🤦♂️
Möge dir der Penis abfaulen Miss Anonymous. 😉
LikeLike
Naja da muss ich auch einhaken da sie :wie eben gesagt : ihre Krankheit nicht selbst steuern kann dadurch kommt es ja erst zu solchen posts… Ich denke mal sie wird sich dessen was sie getwittert hat auch bewusst sein nur kann sie es nicht ändern wenns plötzlich passiert weil die krankheit wieder anspringt… Meinen Respekt hat sie auf alle Fälle… Nicht jeder mit einer Krankheit könnte so selbstbewußt sein wie Cassie.
LikeLike
Ich habe eine gute Freundin erst aus der Ausbeuterischen Beziehung heraus geholt. Das war absolut nicht einfach. Habe sie oft auffangen müssen.
Ich wünsche dir, dass du da an den/die Richtige/n gelangst
LikeGefällt 1 Person
Toller Text – sowohl der Inhalt als auch dein Schreibstil! Ich lese regelmäßig deine Twitterposts und ab jetzt auch deine Blogposts. Ich kenne selber viele Borderlinerinnen und finde es super, dass du solche Themen ansprichst und auch für diejenigen greifbar machst, die sich damit noch nicht auskennen oder beschäftigt haben.
LikeGefällt 1 Person
Lieblingszitat:
„Ich versuche jeden Tag meine Identität und Persönlichkeit aufs Neue zu festigen, ich gebe mein Bestes nicht aus einer Gefühlslage oder Impulsivität heraus zu agieren, sondern festzulegen, was für mich selbst und mein Leben am besten ist.“
Danke 🍀
LikeGefällt 1 Person
Danke Borderline habe ich schon gehört und in entfernter Verwandtschaft auch vorhanden aber ich hab mich nie wirklich damit beschäftigt. Dieser Artikel hat mir eine Menge erklärt. 🙏🙇😊Danke
LikeGefällt 1 Person
Lustig, dass ich gerade jetzt diesen Text finde, nachdem ich vor kurzem mit einem Typen schrieb, der mir erstmal sein Leid klagte, er gerate nur an Borderlinerinnen und wie schwierig das für ihn sei. Die weiteren Nachrichten seinerseits waren dann allerdings derartig manipulativ und abwertend, dass ich auf vieles ausweichend reagierte und ihm schließlich antwortete, dass mir die Konversation unangenehm sei. Daraufhin kam von ihm ein „Danke, du bist mir zu anstrengend“ und ich wurde blockiert. Im Nachhinein scheint es mir so, als sei sein Flirtverhalten geradezu auf Personen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung zugeschnitten gewesen, da er bei diesen schnell „Erfolg“ und Abhängigkeit herstellen konnte. Also ja, es gibt wohl leider echt Menschen, die gezielt nach Personen mit Problemen dieser Art suchen, um ihr eigenes Ego zu streicheln.
LikeGefällt 3 Personen
Ja, leider!
Pass auf dich auf!
LikeLike
Mach ich immer 😉 Im Nachhinein finde ich es absurd: Sich darüber beschweren, dass man nur BPS-betroffene Leute kennenlernt, aber beleidigt abdampfen, wenn BPS-Nichtbetroffene auf die Manipulationsstrategien nicht wie gewünscht anspringen…
LikeLike
Hey, super Text zu einem schwierigen Thema. Bin auf weitere Beiträge gespannt.
LikeLike
Muss ich mich entschuldigen,sagen dass es die Schuld der Männer ist,sagen wer ich bei twitter bin und mir selber wünschen dass mein Penis abfault?
LikeLike
Ja, das ist echt übel, wenn Menschen Borderline sexualisieren. Und es ist wenig spaßig. Zumal das Verhalten, Borderline geil zu finden, der emotionalen Instabilität meist auch noch zuträglich sein kann.
Ich bin seit fünf Jahren mit meiner eigenen „Cassandra“ zusammen. Und ganz sicher nicht wegen, sondern trotz ihrer Borderline-Störung. Meist hat jene ja auch noch Gesellschaft, z.B. eine PTBS. Wer von wildem und hemmungslosen Sex mit einer Borderline-Persönlichkeit träumt, weil er das irgendwo gelesen hat – die Realität kann so viel vielschichtiger sein. Und eventuell auch unschöner. Eben mal so bisschen intim werden mit heißen Fesselspielen kann ein Trigger sein und eine dissoziative Episode auslösen. Fellatio ebenso. Nur mal so als Beispiel. Nicht immer ist ungezwungene Sexualität möglich. Es gehört schon sehr viel Einfühlungsvermögen, das absolute Respektieren von Grenzen und Geduld miteinander dazu. Das ist alles kein Spiel. Vor allem als der „normale“ Part in der Beziehung kann es sehr anstrengend und verzehrend sein. Nur mit viel Ruhe, Gelassenheit und einer Prise Nonchalance kommt man einigermaßen mit den Idealisierungen klar, der manchmal erdrückenden Liebe, dem Selbsthass, der Instabilität, dem selbstverletzendem Verhalten.
Und auch der Kontrollzwang ist nicht ohne, gerade auch in seiner Vielschichtigkeit. Es mag sich für manchen amüsant anhören, wenn ich erzähle, dass ich mittlerweile die Kunst des absolut geräuschlosen Essens beherrsche – das ist es aber eigentlich ganz und gar nicht. Nicht nur das man sich den Ticks des Boderliners beugt – nein, oft werden sie einem selbst zu eigen. Ich ertappe mich mittlerweile immer öfter dabei, selbst die Geräusche anderer Menschen beim Essen bewusst wahzunehmen. Nicht, dass sie mich stören würden – aber das ich das überhaupt bewusst kognitiv registriere, ist schon crazy. Welcher „normale“ Mensch tut das schon? Und das ist nur eine Varianz, von vielen. Man kann das alles nie ganz verstehen, aber man kann lernen, es zu akzeptieren und damit zu leben.
Warum entscheidet man sich dann, mit diesem Menschen eine intime Beziehung zu führen? Eben wegen der anderen Seiten der Persönlichkeit. Bei mir war es vor allem ihre Intelligenz, ihre Sensibilität und ihre Leidenschaft für Dinge, die auch mir wichtig sind.
Es ist möglich, dass Borderline-Persönlichkeiten sich (auch) für einen entscheiden, weil man ein Anker sein kann, der Normativität und Stabilität verheißt. Aber einem auch Verantwortung aufbürdet. Narzisst sollte man schon mal nicht sein.
Meine Theorie ist ja, dass viele, die angeben, auf Borderliner zu stehen, bewusste oder unbewusste Narzissten sind. Und das ist so ziemlich das Schlimmste, was einem Borderliner passieren kann. Leider.
LikeGefällt 2 Personen
Toller Kommentar. Danks
LikeLike
Liebe Cassandra,
Ein unglaublicher Bericht, der mir sehr nahe gegangen ist. Meine Tochter, noch einige Jahre jünger als du, hat Borderline und ich kenne den Kampf, den du beschreibst sehr gut. Ich versuche ihr täglich Kraft und Halt zu geben. Die unglaubliche Gefahr und Bedrohung die vom Thema Sexualisierung ausgeht war mir nicht unmittelbar bewusst. Dank dir kenne ich es nun.
Danke, du bist sehr tapfer.
LikeLike
Danke
LikeLike
Liebe Cassie,
ich habe nicht BDL, aber bipolar. Und ja, auch für uns ist es jeden Tag ein Üben an Disziplin und Selbstreflektion um im „gesunden“ Bereich zu bleiben. Und dass wir Menschen anziehen, weil wir anders, „verrückt“, spannend, intensiv sind….und sie manchmal auch deswegen wieder verlieren – das kenne ich auch gut.
Was ich aber eigentlich sagen wollte: Hut ab davor, wie Du hier schreibst, für deine Offenheit und Deine Reflektion und deinen super Schreibstil. Du leistest hier etwas Grossartiges für uns alle „Andersartigen“. Dafür danke ich Dir!
Herzlich, Helene
LikeLike
Das ist sehr lieb Helene. Vielen Dank für diesen netten Kommentar!
LikeLike